Die Methode Klimapanik

Politik und Geschäfte mit der vermeintlich besseren Moral

(Titelstory des September-Hefts der CDU-Mittelstandsvereinigung Baden-Württemberg)

Wer in den letzten Wochen aufmerksam die Medien und die politische Debatte verfolgt hat, wird es bemerkt haben: Die emotionale Klimadiskussion ist nun auch in der CDU angekommen. Die Grünen und ihr befreundetes Lobby-Netzwerk aus DUH, BUND oder Greenpeace haben es geschafft, ihr zentrales Wahlkampfvokabular nicht nur der Allgemeinheit, sondern auch dem politischen Gegner einzuimpfen. Ohne deren Wahrheitsgehalt zu prüfen, werden grüne Aussagen von Medien und Öffentlichkeit widerspruchslos als Tatsache hingenommen und folglich auch alle damit verbundenen Konsequenzen. Hierdurch ist es für die Grünen ein Leichtes, Widerspruch zu unterdrücken, denn wer die Grundannahmen einer These akzeptiert, der kann dann ihre Schlussfolgerungen nur noch schwerlich ablehnen.

Statt wissenschaftlicher Debatte Politik nach eigenen Regeln

Die Grünen und ihr Lobby-Netzwerk werden nicht müde, in totalitaristischer Manier alle Studien und Forscher, die auch nur leiseste Zweifel an einer kurz bevorstehenden Klimakatastrophe äußern, als Klimaleugner und damit als unglaubwürdig oder gar als Schädiger des Allgemeinwohls zu stigmatisieren. Wissenschaftliche Skepsis, ein Grundpfeiler methodischen Arbeitens, lassen sie nicht gelten. Die Klima-Lobby verhält sich wie eine Fußballmannschaft die mitspielen möchte, aber gleichzeitig die Regeln über den Gegner definieren will. Derartiges kennt man von anderen absurden Thesen aus der linken Diskussionskultur wie „es gibt keinen Rassismus gegen Weiße“ oder „es gibt keinen Sexismus gegenüber Männern“.

Schiedsrichter und Vollstrecker in diesem Spiel sind neben der Partei auch Organisationen, die mit Klagewellen oder tendenziösen Studien die Öffentlichkeit verunsichern. Dabei handeln sie in höchstem Maße intransparent und bauen auf ein Netzwerk aus weiteren Vereinigungen und Unternehmen, die sowohl wirtschaftliche als auch machtpolitische Ziele unter dem Deckmantel des Klimaschutzes verfolgen. Diese finanzieren und organisieren Webseiten, die auf pseudowissenschaftliche Art „Klimafakten“ erklären oder „spontane“ Bewegungen koordinieren, die den Anschein erwecken sollen, dass Impulse für Demonstrationen aus dem Volk heraus gekommen seien (siehe „Astroturfing“ in der letzten WiFo-Ausgabe). Zu diesen Bewegungen zählt beispielsweise „Fridays for Future“ (F4F), hinter denen die „Plant-for-the-Future-Foundation“ steht, die auch die Spendengelder an die Schüler einnimmt.

Alternative Fakten und mediale Freunde

Doch auch nicht primär ökologisch agierende Organisationen werden zu willfährigen Helfershelfern der Klimapanik-Strategie. So ließ sich die IG Metall durch ihren Südwest-Bezirksleiter am 28. Juni 2019 in einer nicht minder voreingenommenen Stuttgarter Zeitung mit den Worten zitieren: „Für uns als Industriegewerkschaft ist entscheidend, dass sich die Menschen in den Fabriken nicht auf die Seite der Klimaleugner schlagen“. Dies entlarvt eindeutig, dass es schon lange nicht prioritär mehr ums Klima geht, sondern das Klima nur Mittel zum Zweck ist, einer verängstigten und getäuschten Masse die eigene Machtpolitik positiv zu verkaufen.

Es handelt sich hierbei aber nicht um ein Phänomen, das über Nacht entstanden ist. Parallel zur Entwicklung der Grünen als Partei haben sich Vorfeldorganisationen wie BUND, ADFC oder Umwelthilfe entwickelt und sogar Hochschulen und Berufsnetzwerke in ihr Geflecht integriert. Diese geballte Ansammlung „gemeinnütziger“ Organisationen fördern Studien bzw. erstellen sie wie der NABU mit hauptamtlich angestellten „Wissenschaftlern“ selbst, was zu einer Anhäufung methodisch unsauberer oder zumindest finanziell beeinflusster Studien führt.

Diese Studien werden dann gerne besonders von ideologisierten Medienvertretern ungeprüft zitiert, was schließlich zur Meinungsbildung gegen die Wirtschaft, Unternehmen oder große Bauprojekte führt. Auf Nachfrage des Autors bei Twitter bestätigte die Marketing-Leiterin der WELT, Kristina Faßler, dass ihre Zeitung die Personen interviewe, „die einen substanziellen Beitrag dazu leisten, dass die Klimadebatte intensiv geführt wird“. Kann verstanden werden als: Der WELT ist Polemik wichtiger als Kompetenz. Eine sowohl politisch als auch moralisch mehr als fragwürdige Einstellung zum Journalismus.

Klimadebatte als Ersatzreligion

Problematisch ist, dass viele Menschen diese Beeinflussung nicht erkennen wollen oder können und der Klima-Lobby glauben, ihr ginge es wirklich nur selbstlos um das Gute. Dies wurde vor allem dadurch möglich, dass die Öko-Lobby ihre Moral als einzig richtige definiert hat und einige in dieser vermeintlichen Überlegenheit eine ersatzreligiöse Befriedigung finden. In Zeiten, in denen für viele die Kirchen nicht mehr relevant sind, müssen die Menschen dennoch an etwas glauben. An die Stelle von Gott ist der Klimaschutz getreten. Folglich wird ein schwedisches Mädchen als Prophetin definiert, das Pariser Klimaprotokoll als Bibel aufgefasst und die freitäglich skandierenden Schüler als erleuchtete Jünger gefeiert. Der CO2-Ausstoß ist die Ur-Sünde und die Grünen im Land mimen die Inquisitoren, die den Sündern Ablass-Zertifikate verkaufen. Wer nicht blind glaubt oder sogar nur Zweifel am neuen Öko-Katechismus äußert, der wird vom fanatisierten Haufen der blind Gläubigen in den sozialen Netzwerken wie ein Ketzer mit den Plagen der Neuzeit überzogen.

Durch diesen neuen Moral-Populismus werden eine tolerante, ruhige und zielorientierte Debatte auf Basis konkreter wissenschaftlicher Fakten bewusst verhindert und unangenehme Details und Konsequenzen einer rein klimaorientierten Politik verschleiert. Drohende Preissteigerungen und Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen werden von der Öko-Lobby und ihren medialen Freunden konsequent verschwiegen. Im Gegenteil, dem kleinen Mann wird sogar vorgerechnet, ihn koste die CO2-Steuer dank Rückvergütung durch eine „Klimaprämie“ keinen Cent mehr.

Wie strategisch ausgefeilt die Klima-Lobby ihre Aktivisten für diesen Feldzug wider die Vernunft rhetorisch trimmt, sieht man beispielhaft am Programm des „K3 Klimakongresses“ Ende September in Karlsruhe. Die Durchführung von Social Media Aktionen stehen dort genauso auf der Tagesordnung wie Vorträge, in denen die „häufigsten Argumente von sogenannten Klimawandel-Skeptikern und -Leugnern“ aufgegriffen und Antworten auf „Killerphrasen“ gelehrt werden. Rabulistik-Kurse mit Sektencharakter für die doch angeblich bessere Politik und höhere Moral?

Das Öko-Netzwerk perfektioniert sein Marketing

Die an Fakten reduzierte und absichtlich emotionalisierte Klimadebatte ist geprägt durch Kampfbegriffe, die durch die Grünen über Jahrzehnte strategisch aufgebaut oder umgedeutet wurden. Anstatt sich mit Inhalten zu beschäftigen, greifen Grüne direkt in die gesellschaftliche Systemlogik ein und schaffen es so, ihre Forderungen moralisch über die politisch inhaltliche Diskussion zu stellen. Mit dem Schlagwort „Klimawandel“ können Grüne nunmehr jede Forderung begründen und Gegenpositionen als moralisch oder klimaschutztechnisch unerwünscht abtun. Sie haben sozusagen den Royal Flush im Politpoker und stellen diesen sogar im Zweifel über rechtsstaatliche Prinzipien (siehe „Ende Gelände“ oder „Sea Watch“).

Der politische Arm operiert darüber hinaus mit zusätzlichen professionellen Tricks aus der Kommunikations-, Marketing- und Politik-Wissenschaft: Framing, Skandalisierung, Stigmatisierung, Emotionalisierung und Faktenverleugnung – dass die Erderwärmung der letzten Jahre weit unterhalb aller Klimaprognosen geblieben ist, erfährt die Öffentlichkeit selten. Im Gegenteil, Medien und Prominente unterstützen diese Marketing-Kampagne noch durch eine simple Taktik: Ein Anliegen wird in seiner Komplexität soweit reduziert, dass selbst der einfältigste Zeitgenosse es verstehen und auf sein Leben beziehen kann. Dazu erhält es einen einfachen, aber reißerischen Titel und linientreue Influencer tragen die brisante Botschaft dann medial hinaus, so dass kein Zweifel existieren kann, dass es hier um eine gute Sache gehen muss.

Die Grünen beherrschen das gesamte Repertoire der psychologischen Politkampagnenführung und die CDU fällt nicht nur darauf herein, sie entschuldigt sich sogar noch, dass sie das Klimathema unterschätzt habe. Sie biedert sich den jungen Aktivisten an, die ohnehin niemals CDU wählen würden, und trägt somit zur Emotionalisierung und zur Absenkung des fachlichen Niveaus der Klimadebatte bei. Dem politischen Gegner wird also nicht nur das Tor zum Thronsaal aufgeschlossen, ihm wird gleich auch freiwillig das eigene Haupt auf dem Schafott dargeboten. Ist das die neue Wahlkampfstrategie der CDU?

Wirtschaft und Politik müssen sich Klimapanik geschlossen entgegenstellen

Die Parteien der Mitte sollten Vorbilder für eine Gesellschaft sein, in der nicht subjektive Wahrnehmungen und blinder Fehlglaube das Handeln bestimmen, sondern offener Diskurs, verantwortungsvolles Handeln und kritisches Denken. Eine Gesellschaft, in der die Wissenschaft Gehör findet, die komplexe Sachverhalte qualifiziert und skeptisch analysiert und die Wahrheit sucht, nicht den medialen Ruhm. Und eine Gesellschaft, in der Eltern ihren Kindern diese Axiome des Lebens beibringen, anstatt sie freitags zum Schule schwänzen zu animieren. Dazu benötigt Deutschland dringend eine verlässliche Politik, die sich mutig gegen die Parteien und Organisationen stellt, die ihre Klientelinteressen als allein gemeinwohlorientiert und überlegene Moral definieren und dabei nur Intoleranz und Fehlinformationen schüren.

Vor allem aus dem Mittelstand heraus muss eine zentrale Botschaft kommen: Wenn jemand in diesem Land weiß, wie man Nachhaltigkeit und wirtschaftlichen Erfolg kombiniert, dann wir. Die Leistungsträger in diesem Land dürfen sich nicht von machthungrigen Öko-Politikern, panischen Schulkindern, fanatisierten Aktivisten und öffentlichkeitsuchenden Wissenschaftlern beirren lassen, sondern sollen zeigen, dass gerade wir die Erfahrung und das Knowhow besitzen, um eine Zukunft in Wohlstand, Sicherheit und mit einer gesunden Umwelt zu sichern. Mit dieser inhaltlichen Botschaft gilt es, die Klima-Lobby dort angreifen, wo sie verwundbar ist, bei der Verlässlichkeit ihrer wissenschaftlichen Studien (insbesondere bezüglich Methodiken und Finanzierungen) und bei ihrem eigenen Verhalten in der Lebenswirklichkeit – gerade als die Partei, die im Bundestag am meisten Flugmeilen sammelt, das Fliegen anderen aber verbieten will.

Klimazöpfe gedeihen besonders in Deutschland

Auch politisch muss die Botschaft klar sein: Ein Wiederaufleben des „am deutschen Wesen soll die Welt genesen“, wie es die Grünen derzeit in „bester“ deutscher Tradition praktizieren und es von Annalena Baerbock am 9. August in der FAZ auch sinngemäß gefordert wurde, darf es nicht geben. Nach Nationalismus und Sozialismus brauchen bedarf es nun nicht noch des Moralismus! Moralisten dürfen ihre subjektive Wahrnehmung nicht zum Gradmaß einer rationalen und auf die Zukunft gerichteten Politik machen.

Das Weltklima wird nicht relevant durch Deutschland beeinflusst und auch in zehn Jahren geht die Welt nicht unter. Dennoch fällt gerade hierzulande die Klimahysterie auf fruchtbaren Boden. In Süd- und Ost-Europa sind die Grünen politisch weitgehend irrelevant und in Frankreich stehen sie auch nur bei ca. 13 Prozent. Der Hoffnungsschimmer bleibt also, dass es uns auf europäischer Ebene gelingt, fanatischem Totalitarismus Vernunft und Augenmaß entgegenzustellen.

Jetzt müssen die Vernünftigen der Mitte zeigen, ob sie sich vom Öko-Marketing überrollen lassen oder bereit sind, der Klimapanik die Zöpfe abzuschneiden. Wir dürfen unsere Freiheit und unseren Lebenswandel nicht einseitigen Ideologen auf dem Altar des Klimawandels opfern, nur weil wir nicht die Courage haben, die grüne Klimapanik als das hinzustellen, was sie ist: Ein auf eine Über-Moral basierendes wirtschafts- und machtpolitisches Instrument zur Ruhigstellung Andersdenkender mit dem gewaltigen Gefahrenpotential, vor allem mittelständischen Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen massiven Schaden zuzufügen.

Dieser Artikel ist erschienen als Titel-Story im „WirtschaftsForum“, dem Magazin der Mittelstandsvereinigung der CDU in Baden-Württemberg in der Ausgabe September 2019 (Seiten 6 – 9). Das gesamte Heft können Sie über diesen Link herunterladen.